Zukunftsmodell Mikrofarming

Das neue Mikrofarming Projekt am Hengstbacherhof will inspirieren. Im Weltagrarbericht wird eine neue Landwirtschaft des 21. Jahrhunderts postuliert, mit diesem Projekt leisten wir einen Beitrag dazu. Uns geht es vor allem darum, einen Leuchtturm zu schaffen, ein Vorbild, das  Andere zur Nachahmung befähigt.

Das Mikrofarming-Projekt ist somit in erster Linie ein Baustein des Kompetenzzentrum, der mit seinem Schulungsprogramm KlimaHumus im Februar 2021 gestartet ist. Im Mikrofarming-Projekt soll getestet, geforscht und entwickelt werden, das generierte Wissen wird dann möglichst breit gestreut. Denn kleine Maßnahmen müssen viele Nachahmer finden, um einen großen Effekt zu haben! Unsere Vision ist es, hier in der Region eine breite Basis an Akteuren zu ermutigen und zu befähigen, die regenerative Landbewirtschaftung Wirklichkeit werden zu lassen. Ökologie und Wirtschaftlichkeit sollen hierbei Hand in Hand gehen. Wir wollen Menschen ansprechen, die Boden bewirtschaften und bereit sind, sich auf einen neuen Weg für eine gesunde Zukunftzu begeben!

Das Mikrofarming wird in das bestehende landwirtschaftliche System am Sitz der Stiftung Lebensraum integriert. Er soll einen wichtigen Beitrag zur großen Transformation leisten, die uns bevorsteht und  viele Ebenen des Zusammenlebens betrifft: Gesunde Ernährung – Klimaschutz – Schutz und Aufbau unserer wertvollen Ressource Boden – fair bezahltes Arbeiten – Arbeitsplätze im Grünen – Biodiversität.

Der Anbau der biointensiven Gemüsewirtschaft und die Vermarktung der Ernteerträge in der Region erfolgen über die stiftungsunabhängige Bio-Modelllandwirtschaft Hengstbacherhof.

Gefördert wurde diese Initiative von der Deutschen PostCode Lotterie. Wir sagen “Danke dafür”.

In Kanada hat sich in den letzten Jahren eine „Market Gardening“ Bewegung entwickelt. Vorreiter der Bewegung war Eliot Coleman, dem sich weitere Wegbereiter wie Jean-Martin Fortier anschlossen.

Auf wenigen Tausend qm Fläche werden dort sehr produktive Gärten oder Mikrofarmen angelegt, die überwiegend in Handarbeit bewirtschaftet und ökologisch wie ökonomisch produktiv und wertvoll arbeiten. Market Gardens

  • verzichten völlig auf Pestizide
  • halten Aufwand an Investitionen minimal
  • fördern gleichzeitig Bodenfruchtbarkeit und Biodiversität

Eine effektive Anordnung der Beete, sowie innovative, aber einfache Werkzeuge zur Bodenbearbeitung und Ernte ermöglichen dies.

Market Gardening ist in vieler Hinsicht ein Zukunftsmodell“, erklärt Dr. Dorothée Dreher, Agrarwissenschaftlerin und stellvertretende Vorsitzende unserer Stiftung. “Die Produktivität eines biointensiven Gemüsebaus auf kleiner Fläche ist im Verhältnis zur Fläche und zum generellen Ressourceneinsatz (Energie, Maschinen, Dünger usw.) deutlich höher als in großen herkömmlichen Gemüsebaubetrieben.”

Der hohe Anteil an Handarbeit mit einfachen Geräten ermöglicht es, eine besonders hohe Vielfalt von Kulturen auf kleiner Fläche anzubauen und den Boden sehr schonend zu bearbeiten. Die Methode bietet Quereinsteigern einen leichten Zugang zu landwirtschaftlicher Produktion, ohne ein großes Risiko für Investition in Landmaschinen und große Landflächen zu haben. Schon auf einem kleinen Feld kann damit ein stabiles Einkommen generiert werden. Zudem kann diese Methode einen Beitrag zur Erhöhung des Selbstversorgungsgrades mit frischen und hochwertigen Nahrungsmitteln bieten und das ist dringend nötig. Derzeit kommen durchschnittlich nur etwa 35% bei Gemüse und 22% bei Obst aus dem eigenen Land. Alles andere wird importiert. Wir wollen nach dem Graswurzelsystem viele Menschen inspirieren, damit sie sich für diese nachhaltige Anbaumethode entscheiden.

Im Agroforstsystem des Hengstbacherhofs wird Gemüse nach dem Prinzip des „Market Gardening“ angebaut. Hierbei werden die klassischen Beetbreiten von 75 cm mit 45 cm Bearbeitungswegen eingehalten, um ein rein manuelles System mit viel Handarbeit und einfachen, effizienten Geräten zu ermöglichen.

Im ersten Jahr sollen etwa 20 verschiedene Gemüsesorten angebaut werden. Darunter Salate, verschiedene Kohlsorten, wärmeliebende Gemüse wie Tomaten, Paprika und Auberginen in einem Folienhaus und auch ein paar mehrjährige Kulturen wie Grünspargel und Artischocken kommen auf das Feld.

Neben einjährigen Gemüsekulturen, wie im klassischen „Market Gardening“ üblich, werden hier auch mehrjährige Kulturen eingesetzt, die einen fließenden Übergang zu den Gehölz-Elementen des Agroforstsystems ergeben.

Für den „Market Gardens“ werden eine ganze Reihe von Bewirtschaftungsprinzipien eingesetzt und begleitend erforscht und dokumentiert. Dazu gehören minimale Bodenbearbeitung zum Schutz der Bodengesundheit, Verzicht auf Pestizideinsatz, permanente Begrünung der Flächen (inklusive Winterbegrünung) sowie aktiver Humusaufbau u.a. über die Fermentation von Ernteresten und Begrünungen auf der Fläche mithilfe von Effektiven Mikroorganismen oder biologisch aktivierter Pflanzenkohle.