Davos blickt auf die Niederungen unserer Welt

Jedes Jahr im Januar treffen sich in schweizerischen Davos die Reichen und Mächtigen und werfen einen Blick auf den Zustand der Welt und insbesondere der Weltwirtschaft. Einige Tage vorher veröffentlicht das World Economic Forum WEF immer seinen Risikobericht, sozusagen als Diskussionsgrundlage für die Tagung. Auch wenn die Umweltrisiken dort regelmäßig auftauchen, so hatte man doch den Eindruck, dass Klimawandel, Endlichkeit der Ressourcen und Verteilungskonflikte dort eher als ein Hindernis beim „busines as usual“ betrachtet werden.

2019 ist es anders. Die Bedrohungen unserer natürlichen Umwelt werden durch den ganzen Bericht hindurch in düsteren Farben geschildert und von ebensolchen Bildern begleitet. So düster, dass die FAZ schon mahnt, das WEF übertreibe doch etwas. Leider nicht, liebe FAZ. Vielmehr ist es so, dass die Erkenntnisse und Daten, die Umweltaktivisten schon seit Jahrzehnten zusammentragen, langsam salonfähig werden. Auch in der High Society der Weltwirtschaft. Einer der Gründe ist ganz profan. In Davos sitzen auch die globalen Versicherungsunternehmen und Rückversicherer, u.a. die Münchener Rück. Und die sehen in ihren Schadenstabellen und zukünftigen Risikoberechnungen sehr genau, was ihnen und damit auch der gesamten Menschheit droht. Der Risikobericht des WEF fasst es dann nur noch in Worte. Mehr Extremwetter und Naturkatastrophen, Wasserknappheit, Kampf um Lebensmittel, soziale Unruhen und Staatskrisen, massiver Verlust an Biodiversität und Zusammenbruch von Ökosystemen.

So weit so schlecht. Der Risikobericht bringt wenig neue Erkenntnisse, seine Grafiken sehen beeindruckend aus. Allein, was lernen wir daraus?

„Out of control“, außer Kontrolle lautet die Überschrift des ersten Kapitels., und weiter: „Geht die Welt schlafwandlerisch in die Krise? Die globalen Risiken nehmen zu, aber der gemeinsame Wille, sie anzupacken, scheint zu fehlen. …… Wir treiben immer tiefer in jene globalen Probleme hinein, aus denen wir uns doch befreien wollen.“

Food supply disruptions, oder ein Lob auf die regionale Kreislaufwirtschaft

Die globale Verzahnung der Weltwirtschaft war jahrzehntelang ein wesentliches Ziel der großen multinationalen Unternehmen. Jeder noch so kleine Produktionsvorteil und jede Steuervergünstigung sollten mitgenommen werden. Auch Landwirtschaft und Lebensmittelversorgung funktionieren heute nach dieser global-industriellen Logik. Der Risikobericht des WEF benennt (endlich möchte man sagen) eine der Kehrseiten dieser oft sinnlosen Verzahnung und skizziert die daraus resultierenden Gefahren. Eine zunehmende, oft absolute Anhängigkeit von diesem weltweiten Räderwerk. Was aber, wenn die Räder nicht mehr ineinander greifen oder gezielt blockiert werden? Durch Energieknappheit beim globalen Transport, durch Kriege rund um die Nadelöhre der Welt, also etwa im Suezkanal, im chinesischen Meer oder am Panamakanal. Wenn Ernten gezielt zerstört werden oder Nahrungsmittelpreise so ansteigen, dass nur wenige sie zahlen können.

Die Konsequenzen und Empfehlungen des Risikoberichtes könnten aus den Veröffentlichungen unserer Stiftung und vieler anderer Menschen stammen, die nachhaltig wirtschaften wollen. „…dann könnten die Länder nach einer größeren Unabhängigkeit und Selbstversorgung in Landwirtschaft und Nahrungsproduktion suchen. In einigen der entwickelten Staaten kann das bedeuten, altes Wissen und Fertigkeiten, die in Vergessenheit geraten sind, wieder zu beleben. Bäuerliche Vielfalt und die Nutzung von widerstandsfähigeren Pflanzensorten können die Versorgungssicherheit erhöhen indem sie die Abhängigkeit und Verletzlichkeit der Länder vermindern.“

Das ist fast zu schön, um wahr zu sein. Und so genügt denn auch ein Blick nach Berlin zur grünen Woche, um wieder auf den Boden der politischen Realität zu kommen. Dort hat Bundeskanzlerin Merkel gerade postuliert, dass die Landwirtschaft eine wachsende Weltbevölkerung nur dann umweltschonend ernähren kann, wenn sie ihre Abläufe vollständig digitalisiert. Global versteht sich.
Gut, dass vor der Tür viele Menschen dagegen demonstrierten unter dem Motto “Wir haben es satt..”

WEF_Global_Risks_Report_2019