Gesundheits-Folgen des Klimawandels

Wie beeinflusst der Klimawandel unsere Gesundheit?

Klimaschutz ist Gesundheitsschutz

 Wir wissen es ja bereits aus eigener Wahrnehmung, dass Wohlfühlen und Gesundheit auch mit „Wetter“ zu tun haben. Der Klimawandel konfrontiert uns mit Einflussfaktoren, die mit einer erheblichen gesundheitlichen Herausforderung verbunden sind. Die Weltgesundheitsorganisation WHO kam im Jahr 2018 zum Ergebnis, dass der Klimawandel und seine Folgen weltweit die Gesundheit der Menschen bedrohen. Eine Studie der renommierten Fachzeitschrift The Lancet warnt 2019 vor „schwerwiegenden Folgen für die menschliche Gesundheit“ durch Hitzestress und hohe Ozonkonzentration, wenn sich am CO2-Ausstoss nichts ändere. Der Deutsche Ärztetag wird das Thema 2020 zu seinem Hauptthema machen.

Schauen wir genauer auf die Gefahren für die menschliche Gesundheit.

Immer wieder schrecken Zeitungsmeldungen über Katastrophen auf, die durch klimawandelbedingte hohe Niederschlagsmengen, Sturzfluten und Hochwasser verursacht werden – mit Verletzten und Toten, Menschen verlieren ihren Lebensraum. Sie werden durch erlittene Verluste auch erheblich psychisch belastet und traumatisiert. Am weitaus schlimmsten betroffen ist der globale Süden, wo zudem die Betroffenen nicht wie in Deutschland durch sichere Infra- und Versorgungsstrukturen aufgefangen werden können.

Neben diesen Folgen auf Unwetterereignisse gibt es noch weitere sogenannte indirekte  Klimawandel-Folgen für die menschliche Gesundheit : es sind die veränderte Ausbreitung von Infektionskrankheiten, z.B. Borreliose, FSME, Salmonellose, vielleicht auch bald das Dengue-Fieber (übertragen durch die Tigermücke) und eine erhöhte Allergen- und Toxin-Belastung  durch einwandernde neue Arten und veränderte Blühperioden, die zu einer Zunahme allergisch-toxischer Erkrankungen der Haut und Atemwege führen werden.

Menschen scheinen besser an Kälte als an Hitze angepasst

Am besten bekannt dürften den meisten die Hitze bedingten Gesundheitsbelastungen sein. An kalte Temperaturen sind wir scheinbar besser angepasst als an heiße, zudem können wir uns, sofern uns entsprechende Kleidung und ein Dach über dem Kopf zur

Verfügung stehen, gut vor kälteren Temperaturen schützen.

Bei zunehmender Außentemperatur und anhaltender Hitze sind jedoch unsere Kompensationsmechanismen für die Temperaturregulation wie Schwitzen, vermehrte Flüssigkeitszufuhr, verminderte Flüssigkeitsausscheidung schnell erschöpft – Erkrankungs- und Sterberisiko steigen an.  Der störungsfreie Ablauf aller Stoffwechselvorgänge setzt eine konstante Körperkerntemperatur voraus, die bei uns Warmblütern in einem engen Bereich reguliert werden muss – besonders die obere Belastungsgrenze für diese Regulationsmechanismen ist schnell erreicht.

Die beiden Abbildungen zeigen den Zusammenhang zwischen  Sterblichkeitsrate (Mortalität) und  Außentemperatur unterhalb und oberhalb eines Bereiches, das wir als „Wohlfühltemperatur“ bezeichnen (Abb. 4-4) und die etwas verzögert einsetzende tödliche Folge der Hitzetage (Abb. 4-5).

Die Abbildungen geben wir mit freundlicher Genehmigung des Robert Koch-Instituts wider.

 

Die Enkel werden mehr Hitzewellen erleben

Sommerlicher Hitzebelastung sind auch wir in unseren Breiten zunehmend ausgesetzt – die Kinder der jetzt Geborenen werden es noch mehr sein:  wenn sich am derzeitigen CO2-Ausstoß bis 2100 nichts ändert, werden sie jährlich 5 zusätzliche Hitzewellen im Norden und 30 zusätzliche Hitzeperioden im Süden erleben. Die Statistiken zu medizinischen Notfällen und zusätzlichen Todesfällen bei Hitzebelastung sind schon jetzt eindeutig, zusätzliche Pollen- und Ozonbelastung verstärken diesen Effekt noch. In den beiden letzten Jahren haben Todeszahlstatistiken auch aus Hessen und Berlin gezeigt, dass während Hitzeperioden und Tropennächten zunehmend mehr Menschen in unseren Breiten erkranken und sterben – denn die Fähigkeit des Menschen zur Temperaturregulation stößt besonders bei steigenden Temperaturen schnell an ihre Grenzen – wer im eigenen Körper schon einmal einen Fieberanstieg auf 40° erlebt hat weiß, wie dramatisch schnell sich der eigene Zustand dabei verändert. Nur ein Grad mehr im Körper kann eine lebensgefährliche Kaskade in Gang setzen. Der Hitzeschlag ist ein dramatisches lebensgefährliches Krankheitsbild, das auch junge gesunde Menschen betreffen kann.

Hitzestress während sommerlicher Hitzeperioden gefährdet besonders Kleinkinder und ältere, pflegebedürftige, alleinstehende und psychisch kranke Menschen. Auch Menschen, die regelmäßig Medikamente einnehmen müssen, gehören zu der besonders gefährdeten Gruppe.

Schutzmaßnahmen helfen nur begrenzt

Besondere Schutzmaßnahmen sind für diese Menschen besonders wichtig, medizinische Beratung und Überwachung sowie kommunale Hitzeschutzpläne sind ein Muss. Die individuellen Anpassungsstrategien sind begrenzt, aber wichtig: vermehrte Flüssigkeitszufuhr, Raumkühlung, Beschattung, Verdunstungskälte durch Wasserberieselung… denn die Belastung im Freien während einer Hitzeperiode besteht anhaltend, im städtischen Raum durch Flächenversiegelung, Wärme speichernde dichte Bebauung, Fehlen von Grün und Frischluftschneisen gravierender als im ländlichen.

Aber werden alle diese Anpassungsmaßnahmen vielleicht völlig in den Hintergrund treten, weil ganz andere Herausforderungen kommen werden? Millionen von Menschen – nämlich die Hauptleidtragenden der Klimawandelfolgen – werden sich weiterhin und zahlreicher als bisher auf den Weg in gemäßigtere Klimazonen machen um zu überleben. Die bislang privilegierten Gesellschaften werden vor Herausforderungen stehen, bei denen Hitzeschutzpläne allenfalls nur noch ein müdes Lächeln hervorrufen könnten. Ja, Klimaschutz ist auch Gesundheitsschutz für jeden von uns – aber darüber hinaus steht noch weitaus mehr auf dem Spiel.

Die Autorin:

Gisela Bräuninger hat 33 Jahre als Allgemeinärztin und Psychotherapeutin in Rheinhessen praktiziert. Den Zusammenhang zwischen Lebensbedingungen, persönlichem Lebensstil und Gesundheit hat sie dabei unmittelbar erlebt. Heute ist sie im Ruhestand und engagiert sich nachdrücklich für Umwelt- und Klimaschutz. Regional und auch bundesweit, etwa bei der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit KLUG.

 

Wer sich vertieft mit den Auswirkungen von Klimaveränderungen auf die menschliche Gesundheit beschäftigen will, dem seien die beiden folgenden Arbeiten empfohlen.

gesamtstudie
Hitze Mortalität 2018 Kopie