Aus der Praxis in die Hochschule

Studenten sind wichtige Multiplikatoren, um heutige Innovationen während der nächsten Jahre in die Praxis zu bringen. Wie ein gesunder humusreicher Boden unsere CO2-Probleme lösen kann, das konnte unsere Stiftung am 8. November den Studierenden der Hochschule Bingen erläutern.

Unsere Stiftung Lebensraum hat die klare Zielsetzung in der Region Nordpfalz konkrete Schritte auf dem Weg zu einer enkeltauglichen Landwirtschaft und einer solidarischen Kreislaufwirtschaft zu gehen. Dieses unmittelbare Handeln wird begleitet von Forschungs-und Bildungsprojekten, damit das bereits vorhandene Wissen zügig weiter gegeben wird und so eine große Breitenwirkung entsteht.

Deshalb hat es uns besonders gefreut, bereits wenige Monate nach der Stiftungsgründung eine Vorlesung an der Hochschule Bingen geben zu können. Eingeladen hatte Professor Thomas Appel zum Modul Ressourcenschutz im Studiengang Landwirtschaft und Umwelt. Unsere Vorstandsmitglieder Joachim Böttcher und Armin Meitzler sowie der Kuratoriumsvorsitzende Michael König waren nach Bingen gereist und fanden einen gut besuchten Hörsaal mit interessierten Studenten vor.

Zunächst stellten sie einige der aktuellen globalen Herausforderungen dar, Klimawandel, Bodenerosion, schwindende Bodenfruchtbarkeit, Dürre und große Ernteausfälle. Neben Industrie, Verkehr und privatem Konsum gehört die heutige industrialiserte Landwirtschaft zu den Hauptverursachern dieser Probleme. Und wo das Problem liegt, dort liegt oft auch die Lösung. Die Referenten erläuterten, wir unsere Stiftung eine nachhaltige Landwirtschaft gestaltet, die deutlich weniger Ressourcen verbraucht und vor allem den Boden verbessert. Viele Studenten waren erstaunt, das auf diesem Weg die CO2 Emissionen der Landwirtschaft spürbar gesenkt werden und zugleich unvorstellbar große Mengen an CO2 im Boden gebunden werden können. Kurz gesagt, in einem gesundem, humusreichen Boden liegt die Antwort auf viele Klimafragen. Schon 1 Prozent mehr Humus auf allen Ackerböden in Deutschland kann mehr CO2 binden als in unserem Land in einem Jahr ausgestossen wird, wie das folgende Rechenbeispiel zeigt.

CO2-Ausstoß in Deutschland 2017:                                           905 Millionen Tonnen
Landwirtschaftsfläche in Deutschland:                                    18.460.700 Hektar
1% Humusaufbau pro Hektar bindet:                                       ca. 50 Tonnen CO2
1% Humusaufbau auf der gesamten Ackerfläche bindet:     ca. 923 Millionen Tonnen CO2

Wie kann nun 1 Prozent Humus im Boden aufgebaut werden? Das haben die Referenten anhand von zwei Leuchtturmprojekten unserer Stiftung dargelegt. Der Biohof Meitzler nutzt eine Vielfalt an Kulturpflanzen, wie die nachstehende Übersicht zeigt. Eine Kultur produziert genau die Nährstoffe, die andere Starkzehrer verbrauchen und verhindert so die Auslaugung des Bodens und macht “Kunstdünger” überflüssig. Unterschiedliche Wurzelstrukturen halten den Boden locker und feinkrümmelig, tiefes Pflügen ist nicht mehr nötig und das Wasseraustausch im Boden wird unterstützt. Zusammen mit einer ganzjährigen Bodenbedeckung durch Grünpflanzen schützt das den Boden vor Austrocknung, Ausschwemmung und Erosion.

Ein weiterer wichtiger Baustein für den Humusaufbau ist Terra Preta, das schwarze Gold der Indios. Über Jahrhunderte ist das den Amazonasbewohnern gelungen, ihre an sich karge Erde hochfruchtbar zu halten und meterdicke Schichten der Schwarzerde aufzubauen. In früheren Jahrzehnten wurde diese Schwarzerde abgebaut und expotiert, was von der basilianischen Regierung nun (zum Glück) untersagt wurde. Wie wir mit unseren eigenen, reichlich vorhandenen “Reststoffen” Terra Preta herstellen können, das hat die Forschungs- und Entwicklungseinrichting auf dem Hengstbacherhof, dem Sitz unserer Stiftung, herausgefunden und zur Serienreife entwickelt. Bauern, aber auch Städte und Gemeinden können mit dieser Bio-Technologie ihre eigene Schwarzerde herstellen und dabei noch die hohen Entsorgungskosten, etwa für Grünschnitt, einsparen. Terra Preta kann auch die vielen degradierten Böden auf unseren Landwirtschaftflächen in kurzer Zeit wieder fruchtbar machen und den Humusgehalt deutlich erhöhen.

Professor Thomas Appel moderierte die anschließende intensive Frage-und-Antwort-Runde mit den Studenten. Ein gelungener Auftakt, aus dem die Hochschule Bingen und unsere Stiftung im kommenden Jahr mehr machen wollen. Denkbar sind hier mehrere Lehr-Beiträge im Semsterverlauf sowie Praxisexkursionen zu den Projekten unserer Stiftung.